Nach-t-wehen

Sonntagmorgen. Der Körper noch parterre, das Bewusstsein dito. Mitleidlos schreit mir die Sonne ihren gleißend hellen Morgengruß ins Gesicht. Widerwillig riskiere ich ein Blinzeln. Sofort klappt der Liddeckel wieder runter. Wusst ich’s doch – viel zuviel Licht! Wadims Geist aus der Flasche, sprich dem Flachmann, wirkt nach. Wadim ist kasachischer Pfullinger. Hab ihn gestern kennengelernt. Generös hielt er mir seinen Selbstgebrannten unter meine Nase: »Trink!«  Mit Hinweis auf meine Diät lehnte ich dankend ab. Wadim insistiert. Um es kurz zu machen: Irgendwann fiel meine Brandmauer gegen die versteckten Kalorien und ab da waren Wadim und ich Trinkbrüder.

Zurück in die Gegenwart. Fröhlich summend erscheint die beste Ehefrau von allen in der Schlafzimmertüre, in ihrer Hand eine Tasse mit dampfenden Koffeinheißgetränk. Der Herr segne diesen mitfühlenden Engel! Mit reibeisen-sonorer Barry-White-Voice bedanke ich mich für die milde Morgengabe. »Mit der Stimme hättest du gestern bei den Jungs locker mittun können!«, kommentiert meine Gefährtin anerkennend. »Da geht’s einem ja heiß und kalt runter!«

Zunächst schmunzle ich noch ob des Kompliments. Ächzend mühe ich mich ab, in die Senkrechte zu gelangen, da fährt mir das Messer glühend ins ISG (Iliosakralgelenk)! Arrrrgh, isch hab‘ Rücken! Heute Morgen ist der Schmerz anders als sonst, intensiver als der gewohnt geriartrische. Auf einer Skala von Eins bis Sechs anstatt der altersgemäßen Drei-bis-vier heute mal eine Fünf, präzise eine Fünfkommanull. Genau … das ist die Erklärung! DIE sind schuld – am Vorabend waren »5,0« im Schlösslespark! Von der übrigen Welt unverständlicherweise weitgehend unbeachtet, dennoch aber und nichtsdestotrotz LE-GEN-DÄR! Dafür plant man in Pfullingen sogar Urlaube drumherum! Ägypten? Italien? Antillen? Sorry, geht nicht, da ist Schlösslespark!

Aber vor ALLEM ist da Fünfkommanull, Best-Of-All-Coverbands-Ever! Von A bis Z haben die Jungs um Jörg (fast) alles drauf. Ja, streng genommen nicht alles von Abba bis Zappa, aber immerhin von AC/DC bis Är»Z«te (sry, der Gag ist etwas geschraubt). Qu-e-erbeat (noch so einer) war für jeden was dabei. Abba-Fans kamen geschlechterdings zu kurz, dankenswerterweise auch alle Helene-Follower – Frauenquote is‘ nich‘ bei Pfullingen-Fünfnull! Dafür durften Gabalier-Trachtler ungehemmt hulapaluen. Meinetwegen, einmal kann man das schon akzeptieren. Die generelle Fahrtrichtung stimmte jedenfalls auf dem Highway To Hell. Und das so damn f***in‘ straight, dass Sly hinter mir zweifelt, ob das da vorne tatsächlich ein Live-Act ist: »Alles Playback, oder?« – Nein, Marcus, da hat sich einer den Bon Scott (Friede seiner Kehle), beziehungsweise den ähnlich klingenden Brian Johnson beinahe lebensecht draufgeschafft! Man (Frau/Kind) konnte nicht anders – Stimme, Beine, Hände gingen mit einem durch und führten über fünf Stunden lang ein rhythmisches Eigenleben. Ein für Couchpotatoes Ungewohntes. Der Beat fuhr jedem in Mark und Bein. Egal ob alt oder jung, welche kulturellen Wurzeln man besaß/besitzt oder welcher Ethnie man angehört – die Jungs von Fünfkommanull haben alle eingefangen und begeistert! Irgendwann ging mein Blick in die Runde und ich sah ausschließlich Menschen, die sich gemeinsam, euphorisch und grenzenlos an der Musik erfreuten – ob nun schwarz, weiß, rot, grün oder veichenblau. Die ihren Alltagssorgen eine zeitlang entrückt waren. Dafür ein großes Dankeschön an Jörg, Nico, Tobi, Peter, Jochen und Uwe! Das war ganz großes Kino! Thank You For The Music! Oh, aso doch noch was von ABBA – verdamp‘ lang her!

Irgendwann endet jede Party – diese leider viel zu früh. Jeder machte sich friedlich auf den Heimweg, aufgeladen mit Glückshormonen und dem Gefühl, dass alles gut wird! – Auch mein Rücken?

Nico
»Guitar Man« (Nico)
»ManZone«

 

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