Die Tochter ist fertig. Mit der Schule. Die Tage der Stundenpläne und Entschuldigungen sind vorbei. Sie ist erwachsen(er) geworden, fast unbemerkt. Gerade hält sie die Abschlussrede. Vor wenigen Sekunden hatte der Direx sie angekündigt. Ich sitze in der dritten Reihe und erstarre. Ungläubig drehe ich mich zu ihr: „Hast du etwas vorbereitet?“ „Nö, ich mache das einfach so wie du. Da oben fällt mir schon was ein!“ Und dann hält dein Kind eine Rede, die witzig ist, pointiert, die dich anrührt und nachdenklich macht. Sieben Minuten lang. Von wegen nix vorbereitet! Kein Wort hat sie rausgelassen, die ganze Rede geheim gehalten.
Manche Dinge traut man seinen Kindern nicht zu. Man musste ihnen doch stets bei allem helfen – die können das doch noch gar nicht! Doch, können sie, wir müssen sie nur machen lassen! Try and error, hinfallen und wieder aufstehen. Krönchen richten und neu anfangen. Wir sind nur dazu da, ihnen Mut zu machen, ihnen die Angst vorm Scheitern zu nehmen. Das Machen ist schon das Ziel, nicht allein der Erfolg.
Wenn ihr noch nicht wisst, was ihr nach der Schule anfangen sollt, probiert einfach was aus. Volontiert beim Schreiner, Apotheker, Landwirt, Tierarzt, bei einer Zeitung. Es gibt so viel auszutesten, euer Dasein ist lang – hoffentlich. Das Leben ist interessant, spannender als Netflix und das ganze MARVEL-Miniversum. Es hat auch mehr Helden, nämlich euch. Habt Mut, traut euch was. Und wenn mal was nicht klappt – wir sind da. Habt Spaß! Lieber mal lachend was vergeigen, als nur miesmutig rumzuhocken. Und vor allem: Haltet zusammen, seid füreinander da! Was das bewirken kann, haben die deutschen Fußballerinnen bei der EM bewiesen.