Unsere Familie erhielt Post. Ein Kandidat schrieb die Tochter an und beklagte die Herrschaft der Alten. Es wäre Zeit, dass jetzt mal die Jungen rankämen: Kinder an die Macht! Aber wer unterstellt, dass die Alten nur Politik für ihr Klientel machen, wer garantiert uns Grufties, dass ein junger Bürgermeister sich für unsere Belange interessiert? Übrigens erhielten wir Uhus (unter Hundertjährigen) mit gleicher Post speziell für uns formulierte Briefe, in denen der Junge um unsere Stimmen bittet.
Doch wie sieht unsere gemeinsame Zukunft eigentlich aus? Als alter Herr bin ich um die der Jugend, sprich meiner Kinder besorgt! Beispiel Mittelstand, der vielen Menschen ein geregeltes Einkommen geboten hat: als Selbstständiger zu überleben, war bislang schon schwierig genug – wer die gesetzlichen Vorgaben und Ansprüche kennt, weiß, wovon ich spreche. Den Rest zum Untergang vieler Betriebe erledigen gerade unfähige Politiker in Sog von Corona. Ich verdeutliche Situationen gerne mit bildhaften Gleichnissen – ein Überbleibsel meiner christlichen Erziehung. Man stelle sich einen jonglierenden Artisten vor: von der Seite werden ihm ständig zusätzliche Bälle zugeworfen, zudem schmeißt man ihm Knüppel zwischen die Beine, während ihm gleichzeitig der Teppich unter den Füßen weggezogen wird. Dabei soll er sicheren Stand behalten? Warum hilft ihm keiner? Die Antwortet lautet: fehlende Systemrelevanz! Während die Automobilindustrie Milliarden Steuergelder als Unterstützung erhält und dabei satte Gewinne an Aktionäre ausschüttet, geht der Mittelstand den Bach runter! Aktive Unterstützung seitens der Stadt? Fehlanzeige!
Thema Geld: das Schlimmste liegt noch vor uns! Für all unsere zukünftigen Aufgaben benötigen wir soviel Geld wie noch nie: Mobilität/Verkehr der Zukunft, Regionalbahn, Straßen- und Städtebau, Schule, Kultur, Sportstätten, Wasserversorgung und Energie, Digitalausbau, Müllvermeidung und -entsorgung, Klima- und Umweltschutz, Entwicklungshilfen, Völkerwanderungen, Familien-/Altersarmut, Altenpflege – die Liste ist schier endlos. Gleichzeitig brechen auf breiter Front öffentliche und private Einnahmen weg. Wenn wir von Fördergeldern und staatlichen Hilfen sprechen, reden wir von Geld, dass eigentlich gar nicht da ist – abgesehen davon, dass die Notenpresse noch genügend Papier hat. Indes, meine Eltern bekamen für ihr Erspartes noch Zinsen, inzwischen zahlt man für den Notgroschen bereits Strafe. Die Folge: Unternehmen und Begüterte retten ihr Geld inzwischen in Sachwerte wie Immobilien und treiben damit die Preise in die Höhe. Wie nennt der Volkswirt eine derartige Geldentwertung? Richtig: Inflation!
Ich erhalte derzeit viele Nachrichten. Manche kommen mir vor wie Briefe an den Weihnachtsmann, wobei in manchen Fragen nach meinen Positionen unterschwellig mitschwingt: wenn Sie nicht für uns sind, dann wählen wir Sie nicht! Man will Radwege, Fußwege, mehr Parkplätze, mehr Kindergarten-/Tagesstättenplätze, mehr öffentliche Abfallbehälter, bezahlbaren Wohnraum mit unverbaubarer Aussicht auf die Ondrhos, eine barrierefreie Stadt, mehr Vereinsförderung, mehr Geld für Schulen und Ausbildung, Krankenhäuser, weniger Leerstände in der Stadt, ein Kulturhaus, Förderung des Christentums, Förderung anderer Glaubensrichtungen, Unterstützung für den Verein eingetragener Atheisten – da kommt schon einiges zusammen.
Liebe Mitbürger, manchmal habe ich das Gefühl, wir leiden an kollektivem Realitätsverlust. Stellen wir uns darum einigen Realitäten: trotz der Aufwendung eines fünfstelligen Betrags hat es die Stadt nicht auf die Kette bekommen, einen tauglichen Bewerber für die Stelle des dringend benötigten Beigeordneten zu finden – das spricht Bände hinsichtlich der Attraktivität unserer Stadt! Mit einem „Weiter so wie bisher!“ wird man dem Berg an Herausforderungen nicht beikommen. Personelle Veränderungen an der Spitze der Stadt sind darum alternativlos!
Pfullingen first ist okay – aber eben auch kein „Pfullingen über alles“. Wir benötigen regionale Konzepte, die über den Stadtrand hinaus gehen. Dazu gehört ein verzahntes Miteinander aller umliegenden Kommunen. Wer an einer Marke „Biosphärengebiet Schwäbische Alb“ teilhaben will, der muss auch ein schlüssiges Regionalbahnkonzept schlucken – basta. Pfullingen mag sich hierbei ausklinken, aber dann muss die Stadt auch mit den Folgen leben. Welche Auswirkungen selektives Inselbewusstsein hat, sehen wir gerade in der Pandemiepolitik der Bundesländer: Keiner weiß Bescheid, alle reden mit – und jeder macht, was er will!
Nun zum Thema Fußball (wohlmeinende Mahner haben mich gewarnt): Natürlich verliert man Wählerstimmen mit unpopulären Ideen. Nur sind mir VfL und BFC mehr wert als ein Kreuz auf einem Wahlzettel und im Gegensatz zu manchen Kurzdenkern nicht egal. Es gilt heute, eine bezahlbare Zukunft der Vereine zu gestalten! Das Thema Fußballplätze ist keine Frage von Besitzstandsdenken nach dem Motto „Mir waret scho ällaweil da!“. Im Laufe der Jahre sind die Probleme mit den Anwohnern am Schönberg eher gewachsen als geschrumpft. Es gibt inzwischen neue Pfullinger, die ihr Recht auf Ruhe auch gerichtlich durchsetzen (können) – Verkehr und Lärm sind als Folge des Erfolgs des VfL-Fußballs mit den Jahren nämlich deutlich angewachsen. Eine Verlagerung der Spielstätten weg vom Schönberg würde neben vielen anderen positiven Aspekten zu einer deutlich besseren Akzeptanz der Fußballabteilung und damit der Marke „VfL“ führen. Als Alternativen bieten sich das Gebiet am Eierbach oder ein zu schaffendes Sportareal am peb2 an. Natürlich stößt es manchen sauer auf, wenn ein „Zugereister“ mitredet und Althergebrachtes infrage stellt, aber jedenfalls steht das Thema jetzt zur Diskussion und es braucht schon fundierte Argumente, um die Idee auszulöschen – zumindest der VfL-Präsident Sven Schauenburg zeigte sich jedenfalls durchaus aufgeschlossen. Die Eigenständigkeit der Vereine VfL und BFC blieben bei einer Verlagerung übrigens unangetastet.
Liebe Pfullinger, nach wie vor stehe ich zu meinem Motto:
Ehrlich. Authentisch. Wählbar.